Mittwoch, 23. Januar 2008
Blue Tower
Bei unserem Umzug haben Teile des großmütterlichen Geschirrs ihr wertvolles Leben gelassen. "Kein Problem", sagt die Umzugsfirma, die selbstverständlich versichert ist. Eine kurze Nachricht an die Versicherung unter Angabe des Wiederbeschaffungspreises und wir werden bald entschädigt sein. Prima, denke ich mir, und schmeiße den Rechner an, der mir schnell Auskunft auf die Preisfrage geben soll. Aber nix is mit schnell. Ich investiere mehrere Tage konzentrierter Recherche, aber fündig werde ich nicht. Ja, auf ebay gibt es "Blue Tower" massenhaft, aber die Preise sind nicht verbindlich. Genervt beschließe ich, es ohne online-Hilfe zu versuchen und im Fachhandel von Verkäufer-Angesicht zu Kundinnen-Angesicht die nötige Information einzuholen. Eine ganze Woche lang renne ich, stets bereit eine Untertasse des besagten Geschirrs aus der Handtasche hervorzuziehen, die Bahnhofstrasse rauf und runter, laufe von Globus zu Jélmoli, vom Antiquitätenhändler zu Villeroy & Boch und wieder zurück zu diversen Einzelhändlern, deren Fenster mit wohlklingenden französischen Namen geschmückt sind. Es ist zum verrückt werden, ausnahmslos die selbe enttäuschende Antwort: das Geschirr gibt es nicht mehr, Preise können keine abgefragt werden. "Vielleicht versuchen Sie es noch mal über ebay?", höre ich mehr als einmal. Na super, und was sage ich jetzt der Versicherung?
So leicht will ich mich vom Schweizer Einzelhandel nicht geschlagen gebe, suche die Telefonnummer eines alt eingesessenen Glas- und Porzellanwarenladens in meiner Heimatstadt raus und vertraue auf die Erkenntnis, dass manche Dinge sich eben nie ändern. Ich wähle die Nummer, ein freundlicher Herr nimmt auch alsbald den Hörer ab, ich erläutere kurz mein Anliegen und ganze dreieinhalb Minuten später kann ich der Versicherung eine lückenlose Schadensmeldung schicken. Und die Moral von der Geschicht? - Keine Ahnung! Ich finds trotzdem irgendwie lustig.