Samstag, 26. Juli 2008

Pauschalurteil und das Schwiizerdütsche

9 Monate sind um. Zeit genug, um ein erstes Pauschalurteil über die Schweiz und ihre Bewohner zu fällen: ein gutes Land, ein grünes Land, aufgräumt, durchorganisiert, sehr sicher und durchaus sozial stark engagiert. Gute Leute, freundliche Leute, wenn auch extrem reserviert und dadurch sehr schwer einzuschätzen. Die Kommunikationsquantität leidet dadurch. Die Stille ist erholsam, jedoch verwirrend. Als Ausländer sollte man vor allem folgendes bedenken, möchte man nicht sofort unangenehm auffallen:

- absolute Diskretion (besonders in finanziellen Angelegenheiten)
- stets mehrmals Danke und Bitte sagen
- keinesfalls an einen bereits besetzten Tisch mit ran setzen
- langsam und eher leise reden
- Zurückhaltung & Bescheidenheit beweisen
- keine Ironie verwenden (wird nicht verstanden!)
- niemals jemandem ganz direkt etwas auf den Kopf zu sagen

Noch etwas: viele Schweizer mögen es nicht, wenn man als Ausländer - und vor allem als Deutscher - versucht, Schweizerdeutsch zu sprechen. Das hat unterschiedliche Gründe. Einer davon ist sicher, es klingt schlicht blöd. Die Gefahr ist groß, dass der Dialekt ins Lächerliche verkehrt wird. Muss ja nicht sein. Aber verstehen lernen muss man Schwiizer Dütsch, sonst ist man sehr isoliert und nur zu Gast in seinem eigenen Sprachen-Kulturkreis. Keine leichte Aufgabe, soviel steht fest...

E-mail Arbeitskollege 1:
"Hoi, mir ist hoite (aus unerklärlichen gründen) extrem nicht gut in der magengegend, kurz wen nicht viel los ist würde ich gerne so schnell wie möglich mich verdünisieren!!"

E-mail Arbeitskollege 2:
"Luegsch eifach, dass net grad irgendwie in nächster ziit is Archiv hindere gahsch!"

E-mail Arbeitskollege 3:
"Han evtl. en arzttermin am friitig...de wär uf di halbi foifi, also am halb vier gah. aber das nur, wänn mis meiteli nöd vorher uf d wält chunnt. Hät chli vill bälke a dem friitig...göchtis glich? Gruzz"

E-mail Arbeitskollege 4:
"uf all fäll chasch früener gah!"

Sicher haben nicht alle eine derart mangelhafte Orthographie! Aber Hochdeutsch ist hier eine wirkliche Fremdsprache und wessen Rechtschreibung in einer Fremdsprache, und sei es auch die erste, ist schon wirklich gut? Meine jedenfalls nicht. Zudem existiert keine einheitliche Schweizerdeutsche Rechtschreibung.

dazugelernt:
nicht für lustig machen = nicht zum Spass
Guguseli = Hallöchen
Traktanden = Tagesordnungspunkte
grümscheln = rumräumen